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Whistleblowing – Instrument zur internen Risikokommunikation

Whistleblowing – Zivilcourage oder Denunziation?

Das sogenannte Whistleblowing hat in den letzten Jahrzehnten die Wahrnehmung der Menschen in Bezug auf Skandale und Probleme in der Wirtschaft oder in der Politik maßgeblich verändert. Die meisten Personen kennen wohl die bekanntesten Whistleblower Edward Snowden und Julian Assange. Wobei auch explizit in der deutschen Geschichte berühmte Whistleblower existieren. Der hier Berühmteste Fall ist von Miroslaw Strecker, welcher 2007 mediale Aufmerksamkeit dadurch erlangte, dass er einen Fleischskandal aufdeckte, bei dem minderwertiges Fleisch als Lebensmittel umetikettiert wurde. Als Folge wurde der Betrieb Wertfleisch GmbH geschlossen und deren Geschäftsführer zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Zudem trat auch der damalige bayerische Umweltminister Werner Schnappauf zurück.

Whistleblowing ist als Teil der Compliance-Kultur auch für Unternehmen von hoher Bedeutung. Ein adäquates internes Hinweisgebersystem kann dazu beitragen, die Rechtskonformität und die Reputation eines Unternehmens vor Schäden zu bewahren. Falls Sie Interesse an weiteren Beiträgen im Compliance-Bereich besitzen oder Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in relevanten Themen schulen wollen, können Sie hier mehr erfahren.

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Was ist Whistleblowing?

Unter Whistleblowing (abgeleitet von “to blow the whistle” und zu deutsch “etwas aufdecken”) lässt sich das interne oder externe Bekanntmachen von geheimen oder geschützten Hinweisen auf Missstände und Fehlverhalten in Unternehmen, der Politik oder öffentlichen Institutionen verstehen. Dabei ist der sog. Whistleblower oft ein Beschäftigter, eine Kundin oder ein Kunde, der aus eigenen Erfahrungen berichtet. Die Person riskiert beim Whistleblowing häufig eine Stelle, Karriere und einen Ruf. Es wird dabei zum einen zwischen internem Whistleblowing, bei dem eine grundsätzliche Pflicht des Whistleblowers besteht, Informationen an Betriebsräte, Aufsichtsräte oder Geschäftsführung weiterzugeben und zum anderen externem Whistleblowing unterschieden, wobei die Missstände an Dritte wie z.B. Medien, soziale Organisationen oder die Polizei übermittelt werden.

Durch diese Weitergabe von Hinweisen über bestehende Missstände sollen Compliance-Verstöße frühzeitig erkannt und mögliche Schäden für Unternehmen, Angestellte oder die Öffentlichkeit minimiert oder vermieden werden.

Welche Rechte und Pflichten hat ein Whistleblower?

Das deutsche Rechtssystem kennt bisher im Gegensatz zu anderen Ländern keine expliziten Gesetze und Schutzstandards, die das Whistleblowing in allen Bereichen eindeutig regeln. Vielmehr existieren einzelne Gesetze für spezielle Rechtsgebiete und Gerichtsentscheidungen. Eine pauschale Zulässigkeit von Whistleblowing ist deshalb im Vorhinein nur schwer zu beurteilen. Darum sollte man sich vor allem an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) orientieren. Das BAG leitet aus § 241 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine allgemeine Treue- und Verschwiegenheitspflicht der Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber ab. Wann ein Arbeitnehmer durch Whistleblowing diese Pflicht verletzt und ihm arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu Kündigung drohen können, macht das BAG anhand einer Abwägung der Grundrechte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer fest. Demnach gelten zugunsten des Arbeitnehmers vor allem dessen Meinungsfreiheit aus Art. 5 Grundgesetz (GG) und das vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anerkannte Recht auf Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Zudem macht das BAG die Geltung einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers durch Whistleblowing anhand von weiteren Kriterien fest. Dazu zählt, dass Whistleblower sich zunächst an eine interne Stelle wenden müssen, bevor diese die Hinweise an staatliche Behörden oder die Medien tragen dürfen. Des Weiteren muss der Whistleblower gutgläubig gehandelt haben, das heißt, er darf zum Zeitpunkt des Hinweisgebens nicht wissentlich oder leichtfertig falsche Angaben gemacht haben. Und zuletzt muss dieser redliche Motive besitzen, die den Whistleblower zu einer Aufdeckung der vermeintlichen Missstände bewogen haben. So z.B. wenn es dem Whistleblower hauptsächlich um die Beseitigung von Rechtsverstößen geht. Sollte dies vorliegen und der betroffene Arbeitnehmer lediglich in zulässiger Weise seine Rechte ausüben, darf dieser laut § 612a BGB nicht benachteiligt werden.

Welche Rolle spielen dabei die Personal- und Betriebsräte oder andere Stellen?

Innerhalb der Privatwirtschaft können sich Whistleblower gem. § 85 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) bei Beschwerden intern an den jeweiligen Betriebsrat richten. Im öffentlichen Sektor können sich Beamte nach §§ 68 Abs. 1 Nr. 3, 61 Abs. 1 Nr. 3 und 91 Abs. 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) dementsprechend an den jeweiligen Personalrat wenden. Allerdings unterliegt eine Beschwerde in solchen Fällen der Voraussetzung, dass ein Whistleblower in seinen eigenen Rechten durch den Rechtsverstoß betroffen ist. Des Weiteren besitzen Betriebs- und Personalräte in der Regel wenig Möglichkeiten, die Anonymität des Whistleblowers zu gewährleisten und eigenständig gegen die bemängelten Rechtsverstöße und Missstände vorzugehen.

Zudem bestehen weitere Adressaten, an die sich Whistleblower bei Beschwerden wenden können. Bspw. wenn das Whistleblowing eine Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zum Gegenstand hat, besteht gem. §§ 13 und 27 AGG die Möglichkeit, dass sich Beschäftigte an die jeweilige interne Beschwerdestelle und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes richten können. Weiterhin können Beamte im Falle eines durch Tatsachen begründeten Verdachts auf Korruption nach § 67 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Bundesbeamtengesetz (BBG) bzw. § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) die Möglichkeit besitzen, dies unmittelbar an die zuständige Behörde oder außerdienstliche Stelle zu melden. Mittlerweile wurden sowohl in der Privatwirtschaft als auch in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes Whistleblowing-Stellen und Ombudspersonen eingeführt, die eine Meldung erleichtern sollen.

Was sind die Vor- und Nachteile eines Hinweisgebersystems?

Ein Hinweisgebersystem bezeichnet ein Konstrukt zum Generieren von Informationen, das in Unternehmen oder öffentlichen Stellen eingesetzt wird, um den Beschäftigten einen vertraulichen Kommunikationskanal zu bieten. Dieses System kann von Whistleblowern zur schnellen und anonymen Meldung von möglichen Straftaten und Ethikverstößen genutzt werden. Damit ein Hinweisgebersystem gut funktioniert, sollte eine gute Vertrauensbasis im und zum Unternehmen herrschen. Diese Vertrauensbasis kann z.B. durch eine entsprechende Compliance-Kultur oder offene Kommunikation geschaffen werden. Als Grundlage für ein Hinweisgebersystem kann ein Verhaltenskodex inklusive Whistleblowing-Richtlinie dienen, dadurch wissen Beschäftigte, welche Verhaltensweisen Tatbestände für Whistleblowing darstellen und was gemeldet werden muss. Weiterhin sollten auch die jeweiligen Ansprechpartner im Unternehmen, die verschiedenen Meldewege und der Ablauf von Untersuchungen darin aufgeführt werden. Auch hilft ein Verhaltenskodex dabei, das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken und über die Ziele und Werte des Unternehmens zu informieren.

Somit ist es wichtig, die Zielsetzung und die Ausgestaltung eines Hinweisgebersystems offen und transparent innerhalb des Unternehmens oder der Behörde zu kommunizieren. Dabei sollte klargestellt werden, dass Hinweisgebersysteme zuallererst der Aufdeckung von Missständen, Regel- und Rechtsverstößen dienen und die präventive Verhinderung dieses Fehlverhaltens im Vordergrund steht und nicht die Konsequenzen. Denn je schneller Missstände aufgedeckt werden, desto schneller können diese bekämpft und potenzielle Schäden minimiert werden.

Was ist eine Ombudsperson und welche Rolle spielt diese?

Eine Ombudsperson (Ombud ist abgeleitet von altnordisch umboð = Auftrag, Vollmacht) erfüllt als externe und unabhängige Schiedsperson die Funktion eines Ansprechpartners, der sich um die Belange der Beschäftigten in Compliance-Themen, wie etwa Korruption, kümmert. Whistleblower müssen zudem keine beruflichen oder persönlichen Nachteile befürchten, wenn diese sich an eine Ombudsperson wenden, da diese der Schweigepflicht unterliegen. Somit erfüllt die Ombudsperson die Funktion der Anonymitätswahrung und -gewährleistung von Informanten, da diese in vielen Fällen aus Angst vor Nachteilen unbekannt bleiben wollen. Dieses durch den Informanten gewonnene Wissen nutzt die Ombudsperson zur Kontaktierung der zuständigen Stellen und Behörden, ohne dabei die Identität der Kontaktperson zu enthüllen.

Was gilt es rechtlich zu beachten?

Wie bereits erwähnt, gibt es in Deutschland kein einheitliches Gesetz zum Whistleblowing. Jedoch verhält sich das auf europäischer Ebene anders. So entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schon im Jahre 2011, dass die Veröffentlichung von Missständen beim Arbeitgeber durch einen Arbeitnehmer von der in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Freiheit der Meinungsäußerung gedeckt sein kann. Zudem hat die Europäische Union (EU) im Oktober 2019 eine Whistleblower-Richtlinie erlassen. Diese soll einen einheitlichen Schutz von Whistleblowern gewährleisten und damit einen fairen Wettbewerb und einen gut funktionierenden Binnenmarkt innerhalb der EU ermöglichen. Die Richtlinie muss spätestens bis zum 17. Dezember 2021 in nationale Gesetzgebung in Form eines Hinweisgeberschutzgesetzes umgesetzt werden. In Deutschland liegt zwar ein Gesetzentwurf zum Schutz von Hinweisgebern vor, dieser ist aber politisch umstritten und gilt nach Verhandlungen der Koalitionspartner im April 2021 als vorerst gescheitert. 

In letzten Jahren haben aber auch ohne konkrete gesetzliche Verpflichtung viele Unternehmen und öffentliche Stellen interne Whistleblowing-Stellen und Hinweisgebersysteme als Teil ihrer Compliance-Organisation eingerichtet. Weiterhin gibt es anonyme Meldekanäle über entsprechende Online-Dienste, die Whistleblower benutzen können. Jedoch existieren keine branchenübergreifenden rechtlichen Vorgaben und Schutzstandards für Whistleblowing-Stellen und Meldekänale.

Welche Konsequenzen können entstehen?

Je nach Einzelfall können einem Unternehmen, einer öffentlichen Stelle aber auch Whistleblowern eine Vielzahl von Konsequenzen drohen. Neben rechtlichen und finanziellen Schäden droht Unternehmen und öffentlichen Instituten ein hoher Reputations- und Vertrauensverlust. Direkten Verantwortliche für die aufgedeckten Missstände können zudem Gefängnisstrafen bevorstehen. Dahingegen müssen Whistleblower, die als Arbeitnehmer beschäftigt sind, mit verschiedenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen durch ihren Arbeitgeber rechnen, insbesondere mit Abmahnungen und Kündigungen. Beamten wiederum drohen disziplinarrechtliche Sanktionen bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Falls ein Whistleblower durch sein Handeln einen Straftatbestand erfüllt hat, müssen diese Geld- und schlimmstenfalls sogar Freiheitsstrafen befürchten. Des Weiteren können sich dadurch zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche ergeben. Diese Konsequenzen erfassen häufig nur wissentliche Falschangaben und betreffen gutgläubige Whistleblower in der Regel nicht. Es können sich aber auch Konsequenzen nicht rechtlicher Natur ergeben wie z.B. Mobbing durch Vorgesetzte und Kollegen sowie erhebliche Nachteile für die eigene berufliche Zukunft. Selbst ein zu Unrecht eingeleitetes Strafverfahren geht mit erheblichen Belastungen für den betroffenen Whistleblower einher.

Auch wenn das Whistleblowing im Grunde genommen dazu dienen soll, Straftaten aufzudecken, genießt dieses eher negativen Ruf, weil es häufig mit Bespitzelung und Verleumdung gleichgesetzt wird. Um diesem Misstrauen vorzubeugen und Whistleblowing präventiv zum Vorteil zu nutzen, sind das Betriebsklima und das Vertrauen innerhalb des Unternehmens sehr wichtig. Wenn Sie Interesse an weiteren Compliance-Themen besitzen, können Sie hier mehr interessante Blogbeiträge finden.


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